Eigene mobile Roboter entwickeln – wann lohnt es sich nicht?

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Erfahren Sie, wann es sich nicht lohnt, eigene mobile Roboter für die Intralogistik zu bauen und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen.

Flexible Warenlager: Mobile Roboter

Die Nachfrage nach flexiblen Warenlagern ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Dies ist hauptsächlich auf den boomenden Onlinehandel und den wachsenden Bedarf an On-Demand-Warenlagern zurückzuführen. Moderne Lager müssen sich daher schnell an veränderte Anforderungen anpassen können. Die Umstellung von Produktart und -menge geht oft mit einer erforderlichen Umplatzierung im Lager einher. Hier bieten mobile Roboter, wie AMR, AGV oder FTS, einen erheblichen Vorteil. Sie sind in der Lage, sich autonom fortzubewegen und Aufträge abzuarbeiten. Dabei sind sie nicht an feste Routen gebunden, sondern können sich bei Bedarf an die jeweilige Umgebung anpassen.

Darüber hinaus bieten mobile Roboter einen weiteren Nutzen für Unternehmen und Arbeitende: Sie können Menschen von monotoner oder schmutziger Arbeit entlasten und sie in gefährlichen Arbeitsumgebungen sogar vollständig ersetzen. In vielen dieser Tätigkeitsbereiche wird es aufgrund der anspruchsvollen Arbeitsbedingungen immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden und langfristig zu halten.

Angebot am Markt. Make or buy?

Für den flexiblen Aufbau eines Warenlagers oder einer Produktionsanlage mit mobilen Robotern bietet der Markt eine Vielzahl an vorgefertigten Lösungen. Findet sich keine geeignete Lösung, ist man rasch gewillt, ein eigenes Fahrzeug zu bauen. Die Anforderungen dafür können sich aus den Umgebungsbedingungen oder den Eigenschaften der zu transportierenden Güter ergeben, wie beispielsweise Gewicht, Größe, Umgebung und Art des Ladungsträgers. Wenn beispielsweise eine Fahrzeugkarosserie durch eine Lackierkabine transportiert werden soll oder die Transportlogistik zwischen zwei Werkshallen mit wechselndem Innen- und Außenbetrieb realisiert werden muss, reduziert sich rasch die Auswahl an bestehenden Roboterlösungen am Markt.

3 Faktoren, die Eigenentwicklungen scheitern lassen

Wer die Entwicklung eines eigenen mobilen Roboters in Betracht zieht, muss auch jene Umstände im Auge behalten, die den Erfolg des Projektes gefährden könnten. Diese Faktoren führen häufig zum Scheitern:

1. Der Projektumfang wird unterschätzt

Die Vorstellung, ein batteriebetriebenes Fahrzeug zu bauen und es von A nach B fahren zu lassen, klingt überschaubar. In der Praxis ist es jedoch ein aufwendiges Projekt, da neben den technologischen Herausforderungen des Fahrzeugbaus auch andere Systemkomponenten entwickelt oder angepasst werden müssen. Prozesse, Infrastruktur, IT-Systeme, Anlagenlayout und Übergabestellen müssen auf die neue Technologie adaptiert werden.

2. Ziele wurden zu hoch gesteckt

Die Entwicklung von mobilen Robotern wird von Technologietrends vorangetrieben. In zahlreichen Artikeln wird über fortschrittliche mobile Roboter berichtet, die autonom fahren, Hindernissen ausweichen, Güter erkennen, sich selbst be- und entladen, optimale Routen in Echtzeit berechnen und eigenständige Entscheidungen treffen können. Das sind zwar wichtige Fortschritte in der Industrie, aber deren Umsetzung in Individuallösungen ist insgesamt zu Kosten- und Entwicklungsintensiv.

3. Wichtige Kompetenzen fehlen

Wenn Entwicklungen ohne das erforderliche Fachwissen und die entsprechende Erfahrung beginnen, kann dies schnell zum Scheitern des Projekts führen. Idealerweise verfügt das Entwicklungsteam über fundiertes Wissen in den Bereichen Robotik, Mechatronik, Sicherheitstechnik sowie Steuerungs- und Computertechnik. Selbst wenn bestimmte Bereiche von erfahrenen Entwicklungspartnern übernommen werden, ist dieses Fachwissen unerlässlich.

Was gilt es noch zu bedenken?

Finanziell lohnt sich die Entwicklung eines maßgeschneiderten mobilen Roboters erst ab einer entsprechenden Stückzahl. Abhängig vom Robotertyp kann diese Zahl zwischen mehreren hundert bis tausend Stück liegen. Dabei muss der mobile Roboter kein breites Anwendungsgebiet abdecken, sondern kann eng auf die notwendigen Bedürfnisse zugeschnitten werden. Der Technologieeinsatz ist damit auf das Wesentliche beschränkt und die Akkukapazität auf die notwendige Laufzeit ausgelegt. Dadurch reduziert sich das Gewicht für das Fahrzeug, Materialeinsatz und Energieverbrauch minimieren sich.

Eigenentwicklungen bieten einen wesentlichen Vorteil: die Unabhängigkeit bei Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit. Je nach Anwendungsfall kann beispielsweise die Kombination eines mobilen Roboters mit einem Roboterarm sinnvoll sein. Der Roboterarm kann an den Zielpositionen eigenständig be- und entladen oder während des Transports autonom Arbeitsvorgänge erledigen. Wird so ein Roboterarm benötigt, sind in der Regel verschiedene Steuerungen notwendig, die nicht oder nur wenig aufeinander abgestimmt sind. Synchronisierte, effiziente Bewegungen sind somit nur schwer möglich. Die Verwendung von vielen Teilsystemen ist komplex und kostenintensiv und sollte auf möglichst wenigen intelligenten Komponenten vereint werden.

Die Entwicklung eines eigenen mobilen Roboters stärkt nicht nur die eigenen Kernkompetenzen, sondern beeinflusst auch die Ausrichtung am Markt maßgeblich. Anbieter von Gesamtlösungen für automatisierte Logistik erkennen die Notwendigkeit, ihr Portfolio in Richtung mobiler Robotik zu erweitern. Sie übernehmen die Gesamtverantwortung für das automatisierte System und bieten zunehmend Betreuung und Service für laufende Anlagen an. Ein hoher Integrationsgrad, einheitliche Bedienung und Servicezugang sind hier essentiell. Die Standardisierung der Automatisierungskomponenten und deren Software für die Wiederverwendung und Erweiterung von bereits vorhandenen Funktionen, gewährleisten eine effiziente und nachhaltige Entwicklung. Die mobile Robotik, getrieben durch neue Einsatzgebiete und die Entwicklung neuer Technologien, unterliegt einem starken Wandel und bietet deshalb eine gute Differenzierungsmöglichkeit. Zu neuen Technologien, die vermehrt bei mobilen Robotern zum Einsatz kommen, zählen unter anderem künstliche Intelligenz, IT-Infrastruktur mit 5G, Cyber Security und Flottenmanager. Sie tragen zur Verbesserung der Interoperabilität mit anderen Automatisierungssystemen oder Personen bei.

Zusammenfassung

Hat man den Bedarf zum Einsatz von Mobilen Robotern identifiziert, so bietet es sich im ersten Schritt immer an, aus der Vielzahl der am Markt erhältlichen Systeme das passende für sein Logistiksystem auszuwählen. Hat man es mit wechselnden Anforderungen zu tun und erfüllt man die wesentlichen Voraussetzungen, kann es sich trotzdem lohnen, eigenes Wissen für den Bau von mobilen Robotern zu entwickeln. Mit dieser Kompetenz können in der Folge Anpassungen und Weiterentwicklungen rasch selbständig durchgeführt werden.

Der größte Vorteil und gleichzeitig die größte Herausforderung besteht dabei in der Individualisierung. Durch die Entwicklung eigener mobiler Roboter hat man die volle Kontrolle über Aspekte wie Größe, Form, Gewicht, Tragfähigkeit sowie eingesetzte Technologien und Funktionen. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Entwicklungspartner kann dieses Risiko minimieren. 

Autor

Andreas Reinguber
Andreas Reinguber Section Manager Intralogistics | KEBA Industrial Automation [email protected]
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