OPC UA: Zukunftssicherheit für Maschinenbauer?

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Industrie 4.0 und Smart Factories, IIoT und datenbasierende Geschäftsmodelle sind wesentliche Trends, auf die der Maschinenbau eine Antwort geben muss. Intelligentere, flexiblere Maschinen und Anlagen sind nur mit einem umfassenden Datenaustausch zu realisieren, und der wiederum benötigt einheitliche Standards. OPC UA liefert dafür zwar einen wichtigen Schlüssel. Doch damit sind noch lange nicht alle Probleme gelöst.

Die Anforderungen von Anlagen- und Maschinenbetreibern sind heute in zentralen Bereichen deckungsgleich. Höhere Flexibilität, höhere Intelligenz, höhere Autonomie stehen an erster Stelle. Die Umsetzung bedingt unter anderem eine Modularisierung der Funktionen und einen intensiven Datenaustausch – zwischen den Modulen, einzelnen Maschinen, verschiedenen Anlagen, darüber hinaus mit MES- und ERP-Systemen und sogar mit Dienstleistern und Serviceanbietern im Rahmen sich neu formierender Ökosysteme.

Mit der sich stetig weiterentwickelnden Kommunikationsplattform OPC UA ist ein wesentliches Werkzeug geschaffen, diese Anforderungen zu erfüllen. Damit gelingt es, die Bereitstellung der Daten mithilfe standardisierter Modelle von der einzelnen Maschine auf die gesamt Produktionslandschaft und darüber hinaus zu organisieren.

Dabei ist der Standard im steten Fluss, und das mit hoher Geschwindigkeit. In den verschiedenen Industriegremien, beispielsweise beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), arbeiten zahlreiche Standardisierungsgruppen daran, OPC UA um neue Funktionen und Informationsmodelle zu erweitern.

Laufend werden neue Companion Specifications veröffentlicht, und sogar bestehende Standardisierungen, wie PackML und Euromap, auf das OPC-UA-Modell übertragen. Das geht nicht immer problemlos. So zeigte sich, dass die Companion Specifications sich teils in ihren Definitionen überschneiden. Deshalb wird in übergreifenden Gremien wiederum daran gearbeitet, diese zu harmonisieren.

Echtzeitkommunikation bis auf Feldebene

Auf der anderen Seite kommen immer neue Funktionen und Fähigkeiten hinzu. So entstand beispielsweise die UAFX-Erweiterung. Mit ihrer Hilfe gelang es, OPC-UA-Grundfunktionen auf die Kommunikation der Feldbus-Ebene auszudehnen. Die Herausforderung bestand darin, dass Geräte im Einsatz sind, die in Speicher- und Rechenkapazität beschränkt sind.

Nachdem es gelungen war, Low-Level-Daten von Sensoren und Aktoren einzubeziehen, wuchs der Appetit auf weitere Daten. Während bislang nur aggregierte Daten, Alarme oder Ausreißer übertragen wurden, wünschen sich die Anwender von KI-basierten Services eine kontinuierliche Übertragung unverfälschter Rohdaten. Diese darf jedoch den Maschinenbetrieb nicht stören. Um dies zu ermöglichen, hat sich eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Industrie- und IT-Ausrüstern zusammengetan, um OPC UA over TSN (Time Sensitive Networking) voranzutreiben. Ihr Fokus liegt auf effizienten, intelligenten und sicheren industriellen Feldgeräten, die mit OPC UA FX (for Field eXchange) kompatibel sind.

So befruchten sich die Standards gegenseitig: OPC UA treibt den Einsatz von TSN voran. Ein echtzeitfähiges Netzwerk zu etablieren ist jedoch nicht einfach. In der Regel gelingt dies nur in enger Zusammenarbeit zwischen OEM und dem Steuerungshersteller, um alle Stolperfallen und Flaschenhälse lösen zu können.

Gleichzeitig wird der neue Datenfunkstandard 5G ebenfalls fit gemacht für TSN – und schafft neue, einfachere Möglichkeiten. Denn mit 5G können große Datenmengen fast latenzfrei übertragen werden, was beispielsweise den Einsatz von Edge-Servern für komplexe KI-Steuerungsaufgaben erleichtert.

„Zehn verlorene Jahre“

Was nicht vergessen werden darf: Industrie 4.0 ist ein bislang nicht eingelöstes Versprechen. Intelligentere, flexiblere Maschinen, smarte Fabriken und vorausschauende Services sollten dazu führen, dass die Produktion effizienter und ressourcenschonender wird, dass die Anlagenbetreiber von höheren Gewinnen und die Endkunden von niedrigeren Preisen profitieren können. Abgesehen von einigen wenigen Leuchtturmprojekten ist in der breiten Fläche dieser Effekt allerdings noch nicht nachweisbar.

Zum Maschinenbaugipfel in Berlin im Oktober 2022 goss Michael Finkler, Vorstandsvorsitzender des VDMA-Fachverbands Software und Digitalisierung, Wasser in den süßen Industrie-4.0-Wein. Das Produktivitätsniveau der Industrie sei auf dem Stand von 2011, die Produktivität im Maschinenbau in dieser Zeit sogar gesunken, und das trotz einer kontinuierlich hohen Auslastung. Es habe als in den zehn Jahren, seit „Industrie 4.0“ auf der Hannover Messe 2011 ausgerufen worden sei, „null Produktivitätsfortschritt“ gegeben.

Die Ursache sieht er jedoch nicht in der Technologie an sich, sondern in der mangelhaften Umsetzung. Während man die Standardisierung vorangetrieben und damit die technische Grundlage für eine leistungsfähige Industrie 4.0 geschaffen habe, sei Deutschland in der Entwicklung der industriellen Plattformökonomie zurückgeblieben – dies seien „zehn verlorene Jahre gewesen“.

Andere hätten dagegen zielgerichtet industrielle Plattformen aufgebaut, insbesondere US-amerikanische Konzerne. Fritsch nannte als Beispiele Amazon, Google und Microsoft, die gezielt die Datensammlung und -analyse im Industriebereich vorangetrieben haben.

Plattformökonomie als nächste Stufe

Tatsächlich sind hierzulande bislang keine übergreifenden Angebote entwickelt worden. Zumindest gibt es aber branchenspezifische Plattformen. Zu nennen sind hier vor allem die Plattform UMATI in der Werkzeugmaschinen-Industrie oder das Netzwerk Catena-X für die Automobilbranche. Sie bauen auf der Kommunikationslösung OPC UA auf und setzen die Standardisierung auf einem höheren Level fort. In enger Zusammenarbeit von Branchengrößen, Industrie- und IT-Verbänden und der Politik soll nun auch branchenübergreifend die Plattformökonomie in der Industrie vorangetrieben werden.

Den deutschen Digitalgipfel Anfang Dezember in Berlin nutzten die Akteure, um das Projekt „Manufacturing-X“ voranzutreiben. Damit soll ein gemeinsamer Datenraum für die Industrie geschaffen werden, in dem alle Akteure der Wertschöpfungskette zusammenarbeiten. Als wesentliche Punkte benennt die Plattform Industrie 4.0:

  • Wertschöpfungsnetzwerke neu zu organisieren und schnell auf Störungen zu reagieren (Resilienz),
  • neue Geschäftsmodelle, geschlossene Kreislaufwirtschaft und Effizienzsteigerungen zu ermöglichen (Nachhaltigkeit), und
  • digitale Innovationen, um die globale Führungsposition der deutschen Industrie zu sichern und auszubauen (Wettbewerbsstärke).


Dabei adressiert Manufactoring-X nicht nur Großunternehmen und Konzerne, sondern soll auch mittelständische Unternehmen einbinden und dazu beitragen, dass sie ebenfalls von der digitalen Transformation profitieren. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sei die Angst groß, die Schnittstelle zum Kunden zu verlieren, sagt zum Beispiel Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Maschinen- und Anlagenbauverbandes VDMA. Andererseits ist auch klar, dass sich Geschäftsbeziehungen und -modelle weiter ändern werden. Manufacturing-X solle daher als Plattform das nötige Vertrauen schaffen, in der Lieferkette Daten zu teilen und so innovative Services zu ermöglichen.

Der einzige deutsche Software-Anbieter, der es mit den genannten US-Konzernen aufnehmen kann, SAP, arbeitet hier eng mit der Industrie zusammen, um eine deutsche bzw. europäische Plattform jenseits der amerikanischen Konkurrenz zu etablieren. Die geplante Cloud-Plattform für die Fertigungsindustrie ist noch in der Entwicklung, nutzt aber beispielsweise Erfahrungen des Catena-X-Netzwerks.

Als branchenübergreifende Plattform hat sie allerdings wesentlich komplexere Prozesse, nicht nur bei der Fertigung, sondern beispielsweise auch in der Lieferkette zu bewältigen. Letztendlich kommt es auch hier darauf an, einen möglichst effizienten Datenaustausch zu organisieren. Und damit wird auch OPC UA in dieser Domäne Fuß fassen.

Neben der Plattform der Automobilbranche korrespondiert Manufacturing-X mit weiteren Plattformen. So wird auch die dezentrale Datenplattform GAIA-X einbezogen, ein europäisches Gemeinschaftsprojekt zur Schaffung einer Alternative zu US-amerikanischen Cloud-Anbietern. Im Rahmen des SmartFactory-KL-Projekts wird dabei auch smartMA-X entwickelt, ein UUse Case der Gaia-X-Unterdomäne Industrie 4.0.

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Zukunftssicherheit im Blick behalten

Sowohl OPC UA selbst auch die damit verbundenen Use Cases, Anwendungen und höheren Services im Bereich der Plattform-Ökonomie unterliegen wie gezeigt einem schnellen Wandel. Umso mehr gilt es, die richtigen Tools und Partner zu nutzen, um auch in Zukunft auf der sicheren Seite zu sein.

Mit seinem Automatisierungs-Baukasten hat KEBA bewusst auf Open-Source-Software gesetzt, um so stets am Puls der Zeit bleiben zu können. Wer herstellerspezifische SDKs nutzt, ist immer davon abhängig, ob und wann der Hersteller neue Erweiterungen und Funktionen umsetzt. Auf Basis von Open-Source-Software ist KEBA frei, fehlende Erweiterungen gemeinsam mit der Community zu entwickeln oder auch selbst umzusetzen. In gemeinsamen Arbeitsgruppen können innerhalb weniger Wochen tragfähige Lösungen erzielt werden. Bei einem kommerziellen SDK kann es dagegen, abhängig von der Agenda des Anbieters, ein halbes oder ein ganzes Jahr dauern, bis neue Features und Funktionen umgesetzt werden – falls überhaupt.

Neben diesen technologischen gibt es allerdings auch noch wirtschaftliche Risiken. Denn die Lizenzmodelle unterstützen Resellermodelle entweder gar nicht oder nur eingeschränkt. So kann es passieren, dass die Kunden des Maschinenbauers genötigt sind, eigene Lizenzen beim SDK-Anbieter zu kaufen.

Fazit

Kaum absehbar ist, wohin die Entwicklung der Standardisierung noch führen wird. Sicher ist aber, dass OPC UA auch in Zukunft eine breit akzeptierte technische Grundlage bildet, die einen universellen Datenaustausch im Unternehmen sowie in der Wertschöpfungs- und Lieferkette ermöglicht. Die Plattform-Ökonomie, die in der Industrie erst am Anfang steht, benötigt genau diese Funktionen – und sichert somit die Bedeutung der Kommunikationslösung für die Zukunft. Maschinenbauer können sich also darauf verlassen, dass die Investition in das Know-how und entsprechende Tools nicht in die Sackgasse führen. Daneben gilt es, für die weiteren Entwicklungen offen zu sein – und Partner zu finden, die diese Offenheit mit ebenso offenen Werkzeugen unterstützen.

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