Wirtschaftliche Antriebssysteme für die modulare Maschinenautomatisierung
- Automatisierung
- Antriebstechnik
- 17.6.2025
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Inhalt
Modulare Maschinenautomatisierung im Überblick
Der Trend zur Modularisierung ist längst im Maschinenbau angekommen. Modular aufgebaute Maschinen ermöglichen kürzere Entwicklungszeiten, höhere Flexibilität bei der Anpassung an Kundenanforderungen sowie bessere Wartbarkeit. Die modulare Bauweise erlaubt eine Trennung von Maschinenfunktionen in logisch und mechanisch abgeschlossene Einheiten. Diese Module können unabhängig entwickelt, gefertigt, getestet und gewartet werden. Dadurch verkürzen sich Time-to-Market-Zeiten, die Flexibilität steigt und Standardisierungspotenziale können genutzt werden.
Mit Hilfe moderner echtzeitfähiger Bussysteme lassen sich diese Module einfach vernetzen. Ein wichtiges Kriterium bei der Modularisierung ist zudem die Entkopplung der Energieversorgung von der Steuerungs- und Antriebstechnik. Durch geeignete Konzepte können hier sehr energieeffiziente und ressourcenschonende Maschinen realisiert werden.
Drei Grundformen haben sich in der Praxis etabliert:
- Modulare Maschinen mit zentralem Schaltschrank
- Modulare Maschinen mit dezentralen Schaltschränken
- Schaltschranklose Maschinenmodule
Jedes dieser Konzepte stellt eigene Anforderungen an die Antriebstechnik – sowohl hinsichtlich der Integration als auch hinsichtlich Verkabelung, Energieeffizienz, Wartung und Skalierbarkeit.
Vergleich modularer Maschinen- und Schaltschrankkonzepte
Zentrale Schaltschränke
Diese Architektur ist vor allem bei klassisch aufgebauten Maschinen oder bei Herstellern mit homogenen Maschinenlinien verbreitet. Alle Steuerungskomponenten sind zentral in einem Schaltschrank untergebracht. Die elektrischen Komponenten in den Maschinenmodulen werden direkt an den zentralen Schaltschrank angeschlossen. Der zentrale Schaltschrank wird in der Regel an ein AC-Versorgungsnetz angeschlossen.
Vorteile:
- Ein einziger Zugangspunkt für Wartung und Service
- Alle Komponenten gebündelt – einfache Verdrahtung und Diagnose
- Ideal, wenn alle Module vom selben Hersteller stammen
Nachteile:
- Größere Platzanforderungen für den zentralen Schaltschrank
- Höherer Energieverbrauch für die Kühlung des Schaltschrankes
Dezentrale Schaltschränke
Dezentrale Automatisierungskonzepte gewinnen besonders bei heterogenen Maschinenarchitekturen an Bedeutung, z. B. wenn einzelne Module von unterschiedlichen Herstellern kommen oder unabhängig voneinander arbeiten sollen. Jedes Modul besitzt dabei einen eigenen Schaltschrank z. B. mit Steuerung und Antrieb.
Klassisch werden alle Module an ein AC-Versorgungsnetz angeschlossen. Aus Gründen der Energieeffizienz werden zunehmend Module bzw. die dort eingebauten Antriebe über ein DC-Netz versorgt. Dafür wird in einem kleinen zentralen Schaltschrank eine zentrale AC/DC-Versorgungseinheit eingebaut. In diesem Schaltschrank findet dann auch eine überlagerte Anlagen- oder Maschinensteuerung ihren Platz.
Vorteile:
- Hohe Flexibilität beim Maschinenlayout
- Unabhängige Inbetriebnahme einzelner Module
- Parallele Entwicklung durch verschiedene Partner möglich
- Skalierbarkeit durch modulare Erweiterung
Nachteile:
- Höhere Kosten für mehrere Steuerungsschränke
- Komplexere Wartung und Diagnose
- Potenziell höherer Verkabelungsaufwand
Schaltschranklose Maschinenmodule
Die konsequenteste Form der Modularisierung verzichtet vollständig auf zentrale oder dezentrale Schaltschränke. Die gesamte Automatisierungstechnik ist direkt im Maschinenmodul integriert – eine besonders platz- und energieeffiziente Lösung.
Vorteile:
- Keine Schaltschrankkühlung erforderlich – Energieeinsparung
- Minimaler Platzbedarf und reduzierte Kabellängen
- Einfachere Montage und Projektplanung
- Schnelle Anpassung und Erweiterung der Maschine
Nachteile:
- Höhere Anforderungen an die Schutzklasse der Komponenten
- Komplexere Integration der Steuerungssysteme
- Potenziell höhere Kosten für dezentrale Antriebssysteme
Passende Antriebslösungen für verschiedene Grade der Modularisierung
Die dargestellten Arten der Maschinen- und Schaltschrank-Modularisierung verlangen auch nach unterschiedlichen Antriebslösungen. Im Folgenden stellen wir verschiedene Konzepte mit entsprechenden Praxisbeispielen vor.
Antriebslösungen für zentrale Steuerungsschränke
Für zentralisierte Steuerungsschränke wird bevorzugt ein Mehrachs-Antriebssystem verwendet. Diese Lösung ist kompakt und einfach zu montieren, wirtschaftlich bei einer großen Anzahl von Antrieben und energieeffizient durch die DC-Verbindung der Antriebe. KEBA bietet hier KeDrive D3 an. KeDrive D3 ist kompakt, da es bis zu drei Achsen in einem Leistungsmodul vereinigt.
Merkmale eines Mehrachs-Antriebssystems:
- Kompakte Lösungen & einfache Montage
- Wirtschaftlich bei einer großen Anzahl von Antrieben
- Energieeffizient mit DC-Verbindung der Antriebe
- Zentrale (intelligente) Versorgungseinheiten
- Regenerativ
- Leistungsbegrenzung & Spitzenlastreduzierung
- Integration von Energiespeichersystemen zur Erhöhung der Netzausfallsicherheit

Praxisbeispiele:
- Eine Etikettiermaschine mit verschiedenen Antrieben für Materialvorschub, Etikettenzufuhr und Schneidvorgang nutzt KeDrive D3 zentral – für eine präzise Synchronisation aller Bewegungen und minimale Energiekosten.
- In einer Wellpappen-Fertigungsmaschine übernimmt KeDrive D3 die Antriebsregelung für Längs- und Querschneider, Klebestation und Stapelvorrichtung – zentral, sicher und energieeffizient.
- Eine Druckweiterverarbeitungsmaschine mit zentralem Schaltschrank setzt KeDrive D3 ein, um mehrere synchronisierte Achsen (z. B. Vorschub, Falzung, Schneideeinheit) energieeffizient und sicher zu betreiben.
Antriebslösungen für dezentrale Schaltschränke
Bei Verwendung von dezentralen Schaltschränken ist die Anzahl der Antriebsachsen und auch die Spannungsversorgung richtungsweisend für die Auswahl der geeigneten Antriebslösung. Ein Mehrachs-Antriebssystem wie KeDrive D3 kann auch für dezentralisierte Steuerungsschränke verwendet werden. Es ist jedoch nur wirtschaftlich, wenn eine große Anzahl von Achsen pro Modul erforderlich ist. Zudem ermöglicht es über den gemeinsamen DC-Bus den Energieaustausch zwischen mehreren Maschinenmodulen. Aber auch der Einsatz einer separaten AC-gespeisten Versorgungseinheit pro Modul ist möglich.
Merkmale eines Mehrachs-Antriebssystems bei dezentraler Montage:
- Wirtschaftlich bei einer großen Anzahl (> 5) von Achsen pro Modul
- Energieeffizient durch DC-Bus-Kopplung mehrerer Schaltschränke/Module
- AC- oder auch DC-Versorgung


Für kleine dezentralisierte Schaltschränke oder kompakte Maschinen mit weniger als 4-5 Antrieben eignen sich die AC-gespeisten Antriebslösungen in Einzel- oder Mehrachs-Bauweise. Diese Antriebe sind sogenannte „All-in-one-Antriebsregler“. D. h. sie integrieren neben der Motorendstufe auch eine AC-Versorgung, ein Netzfilter, Bremschopper und auch den Bremswiderstand. KeDrive D3-AC und KeDrive D5 sind solche Antriebssysteme. KeDrive D3-AC bietet bis zu 3 Achsen in einem Modul, während KeDrive D5 einen Einzelachsantrieb für AC-Niederspannung und KeDrive D5 Micro einen für DC-Schutzkleinspannung bietet.
Merkmale von Antriebsreglern für kleine dezentrale Schaltschränke:
- Kompakte „All-in-one-Antriebe“ mit AC-Speisung
- Schutzkleinspannungs-Antriebsregler mit einer DC-Versorgung von 24 V - 48 V

Praxisbeispiele:
- In einer modular aufgebauten Montagelinie mit einzelnen Robotermodulen wird jedes Modul von einem eigenen Schaltschrank mit KeDrive D3-AC versorgt. Die einfache Inbetriebnahme und modulare Erweiterbarkeit ermöglichen flexible Produktions-anpassungen.
- Jede Maschine in einer Blechbearbeitungsanlage (z. B. Stanzen, Laserschneiden, Biegen, Stapeln) besitzt einen eigenen Schaltschrank mit einer großen Anzahl von Antriebsachsen. Hier kommt das Mehrachs-Antriebssystem KeDrive D3 zum Einsatz. Die Versorgung der Maschinen erfolgt entweder energieeffizient über einen DC-Bus oder jeweils separat über eine AC-Einspeisung.
- In einer kompakten modularen Fertigungslinie kommt für jede Station (z. B. Verschrauben, Kleben, Prüfen) ein eigenes Modul mit KeDrive D5 zum Einsatz. So lässt sich die Linie je nach Produktionsbedarf erweitern oder umkonfigurieren – ohne Eingriffe in die Gesamtstruktur.
- Ein fahrerloses Transportsystem (FTS) für Produktionslogistik integriert mehrere KeDrive D5 Micro direkt im Fahrzeug. Versorgt werden die Antriebe über einen batteriegespeisten DC/DC-Wandler. Die kompakte Bauweise ermöglicht eine schlanke Konstruktion.
Antriebslösungen für schaltschranklose Maschinenmodule
Für schaltschranklose Maschinen kommen Antriebslösungen in hoher Schutzart (z.B. IP65) zu Einsatz. Die Antriebselektronik wird entweder direkt im Motor eingebaut oder sie wird nahe am Motor platziert. Die Antriebsleistung dieser Lösungen ist aufgrund thermischer Restriktionen auf den unteren Leistungsbereich (Nennströme < 20 A) begrenzt.
Verschiedene Versorgungskonzepte (AC, DC) und Spannungsvarianten (z. B. 48 V DC, 400 V AC) erlauben eine Adaption an den Prozess.
Motorintegrierte Antriebslösungen sind sehr kompakt und hochintegriert. Sie haben aber den Nachteil, dass der Platzbedarf rund um den Motor aufgrund der Elektronikintegration ansteigt. Zudem ist diese Lösung im Vergleich zum klassischen Servomotor nicht so stark belastbar, da der zulässige Temperaturbereich eingeschränkt ist. Will man also ein Standard-Portfolio von Servomotoren verwenden oder ist der Einbauraum für den Motor begrenzt, dann eignen sich Antriebsregler, die nahe am Motor montiert werden.
Merkmale von Antriebslösungen für schaltschranklose Module:
- Schutzarten ab IP54
- Energieeffiziente DC-Versorgung
- Flexible Daisy-Chain Geräteverbindung, die sämtliche Signale in einer Hybridleitung integriert (z. B. Versorgung, Feldbus, Safety)
KEBA bietet für diese Art von Modularisierung offene Systemlösungen zur Integration von Drittanbieter-Antriebslösungen. Das ist vorteilhaft, da es im Markt eine große Vielfalt dezentraler Antriebe gibt, die sich maßgeblich in der Aufbau- und Verbindungtechnik unterscheiden. Diese Varianz ist erforderlich, da die Antriebslösungen direkt in die Maschinen eingebaut werden und dort auf mechanische Eignung geachtet werden muss.
Im Rahmen der erfolgreich abgeschlossen DC-INDUSTRIE Forschungsprojekte wurde ein Systemkonzept entworfen, das es ermöglicht, Produkte verschiedener Hersteller an einem gemeinsamen DC-Bus anzuschließen. Das Systemkonzept ist bei der ODCA unter Updated system concept for DC-INDUSTRIE2 published verfügbar. KEBA war Mitglied in der Forschungsvereinigung und ist jetzt Mitglied der ODCA. Für das KeDrive D3 Mehrachs-Antriebssystem wurden Anschluss- und Schutzkonzepte entwickelt, die es ermöglichen, weitere Produkte gemäß dem DC-INDUSTRIE Systemkonzept an den gemeinsamen DC-Bus anzuschließen und zu betreiben.
Praxisbeispiele:
- Eine Bearbeitungsmaschine enthält Antriebe großer Leistung und zusätzlich verschiedene Zusatzmodule zur Formatverstellung oder Be- und Entladung. Die großen Antriebe werden hier in Form des KeDrive D3-Mehrachssystems in einen zentralen Schaltschrank eingebaut. Die Zusatzmodule werden mit dezentralen Antrieben ausgestattet und über den DC-Bus des Mehrachssystems versorgt.
- Eine Sekundärverpackungsanlage bestehend aus einer variablen Anzahl von Delta-Roboterzellen besitzt eine sehr große Flächenausdehnung. Dezentrale Antriebe, die in der Nähe der Roboter montiert werden, reduzieren hier den Verkabelungsaufwand extrem. Mittels einer Daisy-Chain-Vernetzung der Achsen kann die Anzahl der Zellen schnell verändert werden.
Auf was kommt es nun an? Worauf muss ich achten?
Es gibt viele Aspekte, die bei der Projektierung einer Maschine berücksichtigt werden müssen. Wir empfehlen, zu Beginn nachfolgende Punkte zu betrachten.
Modular denken – einheitlich umsetzen
Trotz unterschiedlicher mechanischer und elektrischer Anforderungen verfolgt KEBA einen durchgängigen Plattformansatz. Das bedeutet für Konstrukteur:innen und Entwickler:innen:
- Gleiche Schnittstellen für Encoder, Motoren, I/O über alle Systeme hinweg
- Identisches Sicherheitskonzept (Safe Torque Off, SIL2/3, PL d/e)
- Einheitliche Inbetriebnahme- und Diagnosetools
- Kompatibilität zwischen Antrieben innerhalb eines Maschinenprojekts
- Einfache Skalierung vom Einzelantrieb bis zum Mehrachs-Verbund
Das bedeutet für die Praxis:
- Wiederverwendbarkeit von Engineering-Daten
- Geringere Schulungsaufwände für Entwickler und Servicetechniker
- Minimale Ersatzteilhaltung trotz hoher Variantenvielfalt
- Durchgängige Systemintegration über alle Module hinweg
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
Ein oft unterschätzter Aspekt modularer Maschinen ist die Energieverteilung. KEBA setzt bei zentralen und dezentralen Konzepten auf:
- DC-Zwischenkreiskopplung mit Energie-Rückspeisung
- Integration von geregelten Energiespeichern zur Erhöhung der Netzausfallsicherheit als Kurzzeitspeicher für generatorische oder motorische Spitzenlasten, Spitzenlastbegrenzung (Peak-Shaving) und kontrollierte Wiederanlaufstrategien
Gerade bei dezentralen oder mobilen Anwendungen sind diese Funktionen entscheidend, um Netzauslastung und Kosten zu senken – und gleichzeitig höchste Verfügbarkeit sicherzustellen.
Sicherheit auf allen Ebenen
In modularen Maschinen mit bewegten Achsen ist Sicherheit ein Muss. KEBA erfüllt höchste Anforderungen durch:
- Safe Torque Off (STO) serienmäßig in allen Geräten
- SafeMotion-Funktionen (SIL2/3, PL d/e) u. a. zur sicheren Überwachung von Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung
- Sichere Feldbuskommunikation
- Integration in Safety-PLC-Umgebungen über gängige Protokolle
Unterstützung bei der Auswahl geeigneter Antriebskomponenten
Die Auswahl eines passenden Antriebssystems gestaltet sich aufgrund der Vielzahl an verfügbaren Komponenten, technischen Abhängigkeiten und Kompatibilitätsanforderungen oft als komplex. Um diesen Auswahlprozess zu strukturieren und zu vereinfachen, steht der KeDrive-Konfigurator zur Verfügung.
Er ermöglicht eine systematische Zusammenstellung aller erforderlichen Antriebskomponenten – von Servoreglern über Motoren bis hin zum Zubehör – unter Berücksichtigung technischer Kompatibilität. Die nutzerfreundliche Oberfläche und die klare Struktur des Konfigurators unterstützen Anwender:innen bei der schrittweisen Auswahl und erleichtern so den Zugang zur passenden Lösung. Ergänzende Funktionen wie eine automatische Angebotserstellung und eine 3D-Visualisierung tragen zusätzlich zur Übersichtlichkeit und Verlässlichkeit der Konfiguration bei.