Die Rolle der Steuerungsperformance bei der Entwicklung von mobilen Robotern
- Automatisierung
- Robotik
- Intralogistik
- 29.7.2025
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Inhalt
Im Hinblick auf autonome mobile Roboter (MR) spielt die Steuerungsperformance eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung und dem erfolgreichen Betrieb dieser Systeme, die selbstständig durch verschiedene Umgebungen navigieren.
Je nach Unternehmen oder Industrie gibt es große Unterschiede in den Performanceanforderungen. Diese Unterschiede reichen von einfachen Systemen, die auf kostengünstigen ARM-basierten Geräten (energieeffiziente Prozessoren mit geringem Ressourcenbedarf) laufen, bis hin zu leistungsstarken (aber auch kostenintensiveren) Plattformen, die Prozessoren der neuesten Generation und mehr Speicher benötigen.
Doch warum sind die Anforderungen an die Steuerungsperformance bei mobilen Robotern so unterschiedlich, obwohl alle Systeme dasselbe Ziel verfolgen: etwas von A nach B zu bewegen?
Was bedeutet Steuerungsperformance im Kontext von mobilen Robotern?
Die Steuerungsperformance eines mobilen Roboters umfasst alles, was notwendig ist, damit er sich effizient und sicher durch seine Umgebung bewegt. Dies betrifft sowohl die Hardware (Prozessoren, Sensoren) als auch die Software, die die Steuerung und Navigation übernimmt. Es gibt zwei grundlegende Ansätze, wie diese Steuerung realisiert werden kann:
Getrennte Steuerungseinheiten: Bei diesem Ansatz wird für jede Funktion – beispielsweise Navigation, Kommunikation, Sicherheitstechnik und Fahrzeugsteuerung – eine separate Steuerungseinheit eingesetzt. Diese Funktionen werden unabhängig voneinander optimiert.
Kombinierte Steuerungseinheit: Hier wird eine einzige Steuerungseinheit verwendet, die alle Funktionen integriert und optimiert.
Die Steuerungsperformance ergibt sich daher aus der Summe der Anforderungen, die an die verschiedenen Funktionen gestellt werden.
Dabei hängt der konkrete Performancebedarf auch von den Fähigkeiten des jeweiligen Roboters ab: Einfache mobile Roboter, wie sie beispielsweise für Sortierung im Bereich E-Commerce eingesetzt werden, haben tendenziell weniger Fähigkeiten und damit geringere Anforderungen an die Steuerung. Ein mobiler Roboter mit integriertem Manipulator im Produktionsumfeld hingegen benötigt deutlich mehr Fähigkeiten, etwa für präzise Handhabungs- und Montageaufgaben, was sich in einem höheren Bedarf an Rechenleistung, Sensorik und Steuerungskomplexität widerspiegelt.
Beispiel A: Getrennte Steuerungseinheiten
In diesem Fall kommt eine klassische SPS (Speicherprogrammierbare Steuerung) zur Steuerung des Fahrzeugs zum Einsatz, während für die Navigation und Kommunikation ein separater IPC (Industrial PC) verwendet wird. Diese Architektur hat den Vorteil, dass jede Funktion unabhängig optimiert werden kann, was eine spezialisierte und damit effiziente und unabhängige Verarbeitung ermöglicht.
Häufig kommt dieser Ansatz zur Anwendung, wenn beispielsweise ein unabhängiges Navigationssystem eingesetzt wird. Diese abgeschlossene Einheit, inklusive Sensoranbindung, ist unabhängig lauffähig und wird in das Fahrzeug integriert. Dadurch können sowohl das Navigationssystem als auch die Sicherheitsfunktionen getrennt entwickelt und gewartet werden, ohne dass gegenseitige Abhängigkeiten entstehen. Besonders in modularen oder nachrüstbaren Systemen bietet diese Lösung maximale Flexibilität.
Beispiel B: Integrierte/kombinierte Steuerungseinheit
In diesem Ansatz wird eine Steuerung nicht nur für Teilfunktionen kombiniert. Die Architektur vereint mehrere Aufgaben in einer einzigen Steuerungseinheit, was die Komplexität reduziert und möglicherweise die Kommunikationslatenz verringert.
Ein typisches Anwendungsbeispiel für diesen Ansatz findet sich in mobilen Robotern, die in Produktionsumgebungen oder der Intralogistik eingesetzt werden, wo eine zentrale Steuerung sowohl für die Navigation als auch für die Fahrzeugbewegung, Sicherheitstechnik und teilweise sogar für einfache Manipulationsaufgaben zuständig ist. Durch die Integration aller Funktionen in einer gemeinsamen Steuerungsplattform lassen sich Hardwarekosten reduzieren, der Platzbedarf minimieren und die Kommunikation zwischen den einzelnen Softwaremodulen effizienter gestalten.
Solche Lösungen kommen häufig bei autonomen Transportanwendungen zum Einsatz – etwa bei fahrerlosen Transportsystemen oder mobilen Robotern ohne komplexe Manipulatoren –, bei denen Fahren, Positionieren, Hinderniserkennung und einfache Manipulationsaufgaben in einer kompakten Steuerungseinheit vereint sind. Diese Entwicklung ist Teil eines größeren Trends: Mobile Roboter revolutionieren zunehmend die Logistik, indem sie Transport-, Sortier- und Übergabeprozesse automatisieren.
Warum sind die Anforderungen an die Steuerungsperformance so unterschiedlich?
Die größte Variabilität in der Steuerungsperformance ergibt sich vor allem durch zwei Faktoren: die Navigation und die Verarbeitung von Sensordaten. Je nach Anwendungsfall und Umgebung erfordern diese Funktionen unterschiedliche Rechenleistungen.
Qualität der Bewegung: Einige Anwendungen von mobilen Robotern erfordern eine hohe Präzision bei der Bewegung des Fahrzeugs. Dies ist besonders dann der Fall, wenn das Fahrzeug genaue Positionierungsdaten für Übergabe- oder Ladestationen benötigt. Bei solchen Anforderungen kommen präzisere Navigationsmethoden zum Einsatz, die mehr Rechenleistung benötigen.
Komplexität der Umgebung: Bei einfach strukturierten Umgebungen wie in Logistikzentren mit wenigen Hindernissen können einfache Sensordaten und Navigationstechniken ausreichen. In dynamischeren Umgebungen, in denen Menschen und manuelle Transportfahrzeuge die Mobilität des Roboters beeinträchtigen können, sind jedoch deutlich leistungsfähigere Systeme erforderlich. Hier kommen erweiterte Sensoren wie 3D-Laserscanner und Kamerasysteme zum Einsatz, die eine höhere Verarbeitungsleistung erfordern.
Geschwindigkeit: Die Geschwindigkeit, mit der sich der Roboter bewegt, hat ebenfalls Einfluss auf die Steuerungsperformance. Für schnelle MR-Anwendungen, wie sie häufig in großen Logistikzentren vorkommen, sind hohe Rechenkapazitäten erforderlich, um sicherzustellen, dass der Roboter mit den hohen Geschwindigkeiten und dynamischen Anforderungen Schritt halten kann.
Beispiele für unterschiedliche Anforderungen an Steuerungsperformance
Beispiel 1: Mobile Roboter in Warenlagern für E-Commerce
- Umgebung: Klare Struktur mit wenig dynamischen Veränderungen (z. B. Lager oder Fertigungslinien).
- Qualität der Bewegung: Erhöhte Anforderungen an die Positionsbestimmung, besonders bei Übergabe- und Ladestationen.
- Geschwindigkeit: Hohe Geschwindigkeiten, um einen schnellen Warenumschlag zu gewährleisten (bis zu 4 m/s).
In diesem Beispiel werden einfache Sensoren wie 2D-Laserscanner und IMUs (Inertial Measurement Units) ausreichen. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit der Sensordaten ist jedoch entscheidend, um die Anforderungen an die Geschwindigkeit und Präzision zu erfüllen. Die Rechenleistung muss so dimensioniert sein, dass sie mindestens 50 Messungen pro Sekunde verarbeiten kann, um die Fahrzeugposition genau zu bestimmen und eine entsprechend Regelgüte bei der Fahrzeugpositionierung zu erreichen.
Beispiel 2: Mobile Roboter zum Paletten-Transport
- Umgebung: Dynamische Umgebung mit Personen und manuellen Transportfahrzeugen.
- Qualität der Bewegung: Notwendigkeit, Hindernissen auszuweichen und Paletten-Positionen zu erkennen.
- Geschwindigkeit: Geringere Geschwindigkeit, da der Roboter mit einer gemischten Umgebung und unvorhersehbaren Störungen zu kämpfen hat.
In diesem Fall muss der mobile Roboter nicht nur die Position des Fahrzeugs berechnen, sondern auch Hindernisse erkennen und reagieren. Dies erfordert eine erweiterte Sensorik wie 3D-Laserscanner und Kameras sowie leistungsfähigere Datenverarbeitung. Hier könnten Daten mit einer Frequenz von 20 Hz ausreichend sein.
Jedoch sind die Sensordaten um ein Vielfaches höher. Beispielsweise kann ein 3D-Laserscanner, der einen Raumwinkel von 360° horizontal und 40° vertikal abdeckt, bis zu 9.216.000 Messpunkte pro Sekunde erfassen. Dies entspricht einer erheblichen Datenmenge, die verarbeitet werden muss, um eine präzise Navigation und Hinderniserkennung zu gewährleisten.
(Quelle: https://www.robosense.ai/en/IncrementalComponents/RubyPlus)
Beispiel 3: Hochautonome mobile Roboter, die neben dem Transport zusätzliche Aufgaben verrichten
- Umgebung: Dynamische Produktionsumgebung mit variablen Prozessschritten.
- Qualität der Bewegung: Notwendigkeit, Hindernissen auszuweichen und Präzision bei der Sortierung und Interaktion mit Objekten.
- Geschwindigkeit: Mittlere bis niedrige Geschwindigkeit, aufgrund der dynamischen Umgebung und weil zusätzlichen Aufgaben mehr Zeit in Anspruch nehmen
Beispiel für zusätzliche Aufgaben: Der mobile Roboter sortiert Produkte während des Transports nach Zielregionen, etikettiert sie und bereitet sie für nachfolgende Prozessschritte vor.
Solche hochautonomen mobilen Roboter benötigen eine erweiterte Sensorik, wie mehrere 3D-Laserscanner, Kamerasysteme und Sensorfusionen. Hinzu kommt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), um selbstständig Entscheidungen zu treffen, die Umgebung zu interpretieren und auf unvorhersehbare Situationen zu reagieren. Dies erfordert erheblich mehr Rechenleistung als in den vorherigen Beispielen.
Auswirkungen der Steuerungsperformance auf die Rechenleistung
Die Verarbeitung der Sensordaten und die Berechnung der Fahrzeugposition beeinflussen direkt die erforderliche Rechenleistung. In einem mobilen Roboter mit Plattformstrategie – einer gemeinsamen, skalierbaren Hardware- und Softwarebasis für verschiedene Anwendungen – müssen Entwickler eine ausgewogene Architektur finden, die es ermöglicht, diese Berechnungen effizient durchzuführen, ohne unnötige Ressourcen zu verschwenden, die für einfache Roboter zu unnötig hohen Kosten führen. Vor allem bei der Inhouse-Entwicklung mobiler Roboter ist eine strategische Herangehensweise entscheidend.
Beispielrechnung:
Ein einfacher Roboter mit zwei Laserscannern, einer IMU (Inertial Measurement Unit) und zwei Antriebsrädern.
- Ein 2D-Laserscanner liefert etwa 70.000 Messungen pro Sekunde.
- Ein IMU liefert zusätzliche 5.000 Datenpunkte pro Sekunde.
- Encoder liefern pro Sekunde 2000 Odometrie-Werte pro Sekunde
Insgesamt muss der Roboter ~150.000 Messpunkte pro Sekunde arithmetisch zu einem digitalen Modell verknüpfen, mit einer virtuellen Karte abgleichen und entsprechende Maßnahmen für eine effektive Bewegung ableiten.
Komplexere Systeme haben für die Objekt- und Hinderniserkennung 3D Laserscanner oder Kameras installiert. Damit kommt ein Vielfaches an Daten hinzu, die für die Verarbeitung eine leistungsfähige Recheneinheit erfordern.
- Intel RealSense D435 / D455: Tiefenauflösung 1280 x 720 pixel bei einer Bildrate von 90fps ergeben sich 82.944.000 Punkte pro Sekunde pro Kamera.
Die Datenmenge allein ist kein verlässlicher Indikator für den Rechenaufwand, da die Verarbeitungsmethoden eine größere Rolle spielen – sie bietet jedoch eine erste Orientierung.
Eine strategische Herangehensweise entscheidend, vor allem bei der Inhouse-Entwicklung mobiler Roboter.
Fazit: Steuerungsperformance als Schlüsselelement in der Entwicklung von mobilen Robotern
Die Steuerungsperformance ist ein kritischer Aspekt bei der Entwicklung von mobilen Robotern, da sie direkt die Effizienz, Präzision und Flexibilität der Roboter beeinflusst. Um eine ökonomische Entwicklung zu gewährleisten, müssen Unternehmen sicherstellen, dass die Steuerungsperformance den Anforderungen des jeweiligen Anwendungsfalls entspricht. Das bedeutet, dass die Struktur der Umgebung und die spezifischen Anforderungen an Geschwindigkeit, Genauigkeit und Sensordatenverarbeitung im Vorfeld definiert werden müssen. Nur so lassen sich die Effizienzpotenziale, die mobile Roboter bieten, vollständig ausschöpfen.
In einem erweiterten Kontext, in dem mobile Roboter für verschiedene Anwendungsfälle (z. B. in der Logistik) eingesetzt werden sollen, ist eine modulare und skalierbare Plattformstrategie von entscheidender Bedeutung. Nur so können Unternehmen auf unterschiedliche Anforderungen reagieren und eine breite Palette von Fahrzeugen mit optimierter Steuerungsperformance anbieten.