6 Defizite bei HMI-Konzepten & wie Sie es besser machen können

  • HMI
Stellen Sie sich vor: Sie machen sich fertig für die Arbeit, packen Ihre Sachen zusammen, ziehen Jacke und Schuhe an, essen eine Kleinigkeit, und zu guter Letzt legen Sie Ihre Socken an. Klingt nach einer merkwürdigen Reihenfolge? Ist es auch! Nicht nur im Alltag braucht es Strukturen und richtige Prozesse, sondern v.a. auch bei der Umsetzung eines umfassenden HMI-Bedienkonzeptes (Human Machine Interface) für einen Maschinenhersteller. Ehe Sie sich mit den Icons-Farben oder der Tastenanordnung beschäftigen, sollten Sie sich zunächst über die HMI-Technologie Gedanken machen, denn sie bildet die Basis für die weiteren Entscheidungen und Schritte.

Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer, der Innovationsdruck steigt. Jeder möchte Trendsetter anstelle eines Mitläufers sein. Doch wo soll man seine Innovationsreise beginnen?  

Wir haben eine Liste mit sechs Defiziten zusammengestellt, die Sie unbedingt bei der Konzeptionierung Ihrer neuen Generation von innovativen mobilen und stationären HMI-Bediengeräten beachten und bestenfalls vermeiden sollten. Mit diesem Guide schaffen Sie es, sich ein Alleinstellungsmerkmal für Ihre industriellen HMI-Bediengeräte zu sichern und sich vom Mitbewerb abzuheben.

#1: Sie starten mit dem visuellen HMI-Design – da kann schließlich jeder mitreden

In einem großen Projekt zur Neuausrichtung eines Bediengerätes starten die meisten mit dem greifbaren Endprodukt: Wir diskutieren über die Hardware, die Bedienoberfläche, über optionale Tasten und Multitouch bis hin zur Gestaltung und Farbe der Icons. Es ist auch kaum verwunderlich, denn beim Thema „Design“ kann so ziemlich jeder mitreden, der schon einmal ein Bediengerät in der Hand hatte – sei es auch nur das eigene Smartphone.

Manchmal ist es aber auch besser, wenn eben nicht jeder mitreden kann – und bei einem innovativen Bedienkonzept ist das der Fall. Wie auch in der Malerei braucht es zunächst immer eine Grundierung – bei der HMI stellt das Bedienkonzept diese Basis dar und das greifbare End-Design wird viel später aufgetragen. Zunächst sollte die richtige Struktur eingehalten werden und klar sein, wer die Zielgruppe der neuen HMI ist und welche Funktionen enthalten sein sowie welche technologischen Vorgaben damit erfüllt werden müssen. Auf Basis dieser Analyse lässt sich dann das Bedienkonzept ableiten und folglich die Design-Aspekte berücksichtigen.

#2: Sie setzen auf Altbewährtes und achten nicht auf eine offene Technologie-Architektur

Sind Sie mehr ein Typ für Android- oder Apple-Smartphones – oder ist das wie beim Betriebssystem einfach eine Frage der „Philosophie“? Ganz so einfach wie beim Kauf eines neuen Smartphones oder Laptops ist die Situation bei einem neuen Bedienkonzept nicht.

Mit der Entscheidung über die Technologie stellt man die Weichen für künftige Entwicklungen und eine Basis für zukunftssichere Geschäftsmodelle. Umso wichtiger ist es, dass sich der Maschinenhersteller für eine Plattform entscheidet, die sich durch Modularität und Offenheit kennzeichnet. Nur so lassen sich zukunftssichere Lösungen entwickeln, die miteinander kompatibel sind.

Dabei ist auch wichtig, verschiedene Kommunikationsstandards zu ermöglichen, wie z.B. OPC UA in Kombination mit etablierten Feldbussystemen wie EtherCAT. Es gibt zahlreiche technische Herausforderungen –  mit der richtigen HMI-Technologie sowie -Architektur können sich daraus aber auch neue Möglichkeiten für den Maschinenhersteller ergeben.  

#3: Sie bleiben im visuellen HMI-Design unflexibel und scheuen sich vor echten Veränderungen

Nicht nur bei der Basis-Technologie sollten Sie auf Offenheit und Flexibilität achten, sondern auch im visuellen Design. Dabei ist es wichtig, alle Komponenten der Hardware und Software im Fokus zu haben. Die Flexibilität im visuellen Design gewährt Ihnen unkonventionelle Möglichkeiten der HMI-Experience. Weiters sollte die durchgehende Bildschirm-Auflösung sowie User Interfaces auf allen Geräten und Baugrößen gewährleistet sein.

Auch sollten Sie sich trauen, echte Veränderungen zu forcieren: Wenn Sie ein mobiles oder stationäres Multitouch-Bediengerät entwickeln möchten, dann seien Sie mutig und lassen auch mal die Vielzahl an Tasten weg. Manchmal muss etwas Bewährtes zerstört werden, um eine wahre Innovation zu entfachen. Manchmal führen auch kleine Schritte eher zu einem erfolggekrönten HMI-Design.

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#4 Sie erstellen kein genaues Profil der künftigen HMI-Bedienergruppen

Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Fischer – irgendwie leicht nachvollziehbar, dennoch fällt es vielen Unternehmen schwer, sich in die Rolle des Kunden, geschweige denn des Endanwenders hineinzuversetzen. Es ist oft eine Gratwanderung: Will ein Hersteller sich selbst „verwirklichen“, indem er seine Funktionen, Vorstellungen und sein Branding durchsetzt oder hört er doch aktiver dem Kunden zu und übersetzt das Gehörte in eine entsprechende Lösung?

Auch durch die Digitalisierung im Konsumentenmarkt erwarten Endanwender bereits viele Features aus dem Alltag, sei es die Wischbewegungen am Smartphone, die Echtzeit-Bedienung von Apps, anwender-spezifische Accounts oder die permanente Erreichbarkeit am mobilen Endgerät. All diese Features sind keine Innovationen mehr, sondern haben sich mittlerweile zum „State-of-the-Art“ in der Maschinenbedienung etabliert.

Daher ist es umso wichtiger, genau auf die Bedürfnisse des Endkunden hinzuhören, den HMI-Bediener in den Fokus zu stellen und die Sprache ihrer Industrie zu sprechen.

  • Sehen sich die Maschinenanwender diverse Tutorials und Schulungsvideos an, dann wäre es nützlich, das Abspielen dieser Videos auch direkt am Bediengerät zu ermöglichen.
  • Nutzen die Endanwender vermehrt Funktionen, die auf einem größeren Bildschirm effizienter zu handhaben sind, dann wäre es sinnvoll, von einem mobilen auf ein stationäres Bediengerät umzuschwenken – wer seine Wunschfunktionen nicht auf 10 Zoll unterbringt und für den die Mobilität keine höchste Priorität hat, der wäre mit einem stationären Panel besser bedient (z.B. bei einer Spritzgießmaschine, wo der Bediener immer das Formwerkzeug im Blick haben möchte).
  • Muss der Anwender aber mobil und geographisch flexibel sein, dann ist beim mobilen Gerät auch auf die Ergonomie, Sicherheit und Barrierefreiheit zu achten, z.B. die Bedienung für Rechts- und Linkshänder oder die kabelgebundene sowie kabellose Option.

#5 Sie entwickeln ein komplexes Technologie-Bündel, obwohl die HMI einfach zu bedienen sein sollte

Sowohl die Maschinenhersteller als auch die Endanwender wollen eine benutzerfreundliche Bedienung, aber am Ende kommt manchmal ein Gerät raus, was dem Phänomen des „Over-Engineering“ unterliegt, da es irgendwie alles können muss.

Diese gut gemeinte Vielzahl an Funktionen und neuen Features führt meistens zu einem anderen Ergebnis: Die neue HMI-Bedienung leidet an einem „Feature Creep“ und ist alles andere als benutzerfreundlich.

Dies führt dazu, dass immer mehr Funktionen hinzugefügt werden, als ursprünglich konzeptioniert wurde – dadurch gerät nicht nur die eigentliche HMI-Lösung ins Ungleichgewicht oder in zeitlichen Verzug, sondern das gesamte Projekt- und Entwicklungs-Team wird unnötig belastet.

Diese Faktoren führen also dazu, warum manche HMI-Bedienkonzepte scheitern. Daher konzentrieren Sie sich bei der Entwicklung der neuen HMI auf das Wesentliche und halten Sie an Ihr Konzept und den abgeleiteten Zielen fest.

#6 Sie hören Ihren Mitarbeitern im HMI-Analyseprozess nicht genau zu

Genau zuhören sollten Sie nicht nur Ihrem Kunden und Endanwendern, sondern auch Ihren Mitarbeitern, v.a. beim Analyseprozess. Es geht um einen gemeinsam Blick nach vorne und darum, potenzielle Trends, Anforderungen und Technologien zu behandeln. Jedes Teammitglied bringt andere Voraussetzungen und unterschiedliche Sichtweisen und Präferenzen mit. Die Balance aus den Inputs der eigenen Mitarbeiter sowie aus den Anforderungen der Kunden-Mitarbeiter muss gegeben sein, um die Sachlage effizient zu analysieren und eine optimale, kundenspezifische Lösung zu erarbeiten.

Es ist wie in der Liebe: Viele Entscheidungen hängen vom richtigen Partner ab. Überlegen Sie also auch, ob Sie das neue Bedienkonzept in Eigenregie umsetzen oder die Reise doch mit einem Partner gehen wollen. Und wenn Sie sich für den partnerschaftlichen Weg entscheiden, beachten Sie auch die richtige Wahl Ihres Kooperationspartners. Ihr Projektteam kann am besten abschätzen, mit wem es gut zusammenarbeiten kann und mit wem innovative Lösungen gelingen.

Conclusio: Unterziehen Sie Ihr neues HMI-Bedienkonzept einer genauen Analyse und setzen Sie den Endanwender in den Fokus

Maschinenbediener der jungen Generation sind im täglichen Leben an ihre smarten Endgeräte, wie Smartphone & Touchbedienung gewöhnt. Die Handhabung dieser Geräte stellt für die meisten User keine Herausforderung dar. Maschinenhersteller müssen diese Einfachheit der Bedienung samt ergonomischen Ansprüchen auch in eine Produktionshalle übertragen. Dabei müssen die HMI-Bediener in den Mittelpunkt gerückt werden, um diese Komplexität zu reduzieren und die Gesamtproduktivität zu steigern!

Dazu ist es essenziell, diesen Muster-Bediener zu kennen und zu wissen, wie er in der Produktionshalle agiert und warum. Ein durchgängig konzipiertes HMI-Bedienkonzept kann ein wesentlicher Faktor sein, warum sich ein Kunde für Ihre Maschine entscheidet.

Wenn Sie die nächste Generation an HMI-Bediengeräten planen, lohnt es sich, einen Schritt zurückzutreten: Unterziehen Sie Ihr Bedienkonzept einer genauen Analyse, hören Sie ihren Mitarbeitern ganz genau zu, setzen Sie auf eine offene und zukunftssichere Architektur, scheuen Sie sich nicht, Neues auszuprobieren und zäumen Sie das Pferd keinesfalls von hinten auf.

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